Der unaufgeregte Weg

Leibliche Propädeutik als radikale Immanenz

Ich sehe die metaphysische Landschaft unserer Zeit: zersplittert zwischen akademischer Skepsis und esoterischer Spekulation. Doch mein Weg ist weder Flucht noch Dogma. Er ist ein methodisches Atmen zwischen den Polen – ein leibliches Philosophieren, das durch drei scheinbar disparate Denker führt: Hermann Schmitz, Meister Eckhart und James Clerk Maxwell. Meine These ist einfach: Metaphysik geschieht ohnehin. In jedem Atemzug, jedem Zittern der Haut. Die Frage ist nur: Wie lassen wir sie geschehen – unbewusst oder wach? Als starres System oder als vibrierendes Feld?

Hermann Schmitz’ Leibphänomenologie ist mein erster Schritt. Nicht als Endpunkt, sondern als Werkzeugkasten der Aufmerksamkeit. Sich sinken lassen – kein Befehl, sondern eine Einladung zur Schwerkraft. Die Luft auf der Haut – Meteorologie des Eigenleibs. Nicht du zitterst – die Revolte gegen die Ich-Zentrierung beginnt im Muskel. Doch Schmitz’ Leib bleibt menschlich gefangen. Ich nutze ihn als Sprungbrett – hin zu einer Ökologie des Spürens, wo Haut und Welt sich durchdringen.

Meister Eckhart wird bei mir zum Anarchisten der Seele. Seine Gelassenheit übersetze ich ins Säkulare:

„Du bist die Stille im Sturm, die sich nicht nennt, weil Namen im Wind verwehen.“
Hier wird Mystik zur handgreiflichen Technik: keine unio mystica mit Gott – sondern Resonanz mit dem Busfahrplan. Keine Ekstase – sondern das Wetter zwischen den Zähnen. Keine Offenbarung – sondern die Demokratie der Poren.

Maxwells Feldtheorie ist mein heimlicher Komplize. Seine Gleichungen werden zu Haiku des Seins. Ein Kuss gleich Störung im elektromagnetischen Gewebe. Atem gleich Energiefluss ohne Subjekt. Kompassnadel gleich Erinnerung an vergessene Feldlinien. In meinen Gedichten wird Physik zur leiblichen Grammatik:

„Die Nadel zittert nicht nach Norden – sondern weil der ganze Raum sich in ihr erinnert.“

Warum dieser Umweg? Weil direkte Metaphysik heute nur noch als Dogma oder Kitsch funktioniert. Mein Ansatz ist ein philosophischer Trojaner: phänomenologische Minimalmusik, mystische Entwaffnung, physikalische Subversion. Das Ergebnis ist eine Metaphysik der leeren Hände. Keine Theorie – sondern Vibrationen zwischen U-Bahn-Schienen. Kein System – sondern die Wärme der Tasse am Morgen. Keine Wahrheit – sondern das Nachzittern eines Lachens.

Kritik ist willkommen. Ja, man könnte sagen: Das Feld ist doch auch nur eine Metapher. Physik und Bewusstsein – unzulässige Vermischung. Meine Antwort? Kommt und übt. Oder besser: Ent-wöhnt. Die Bewährung liegt nicht im Argument, sondern im Zittern der Lider, wenn ihr euch im Wartezimmer versinken lasst, wenn ihr den Atem nicht mehr habt, sondern er euch hat, wenn ihr spürt, wie eure Hautgrenze zum Flimmern beginnt.

Mein Projekt ist kein Lehrgebäude. Es ist ein Atemzug in der U-Bahn, ein Schritt auf nassem Asphalt, ein vergessener Kaffee auf dem Tisch. In einer Zeit zwischen Algorithmen und Apokalypsen zeige ich: Metaphysik braucht keinen Tempel – nur wache Haut. Freiheit ist kein Akt des Willens – sondern ein Widerfahrnis. Das Heilige liegt nicht jenseits – sondern im Gewicht der Socke am Fuß. Vielleicht ist die letzte Einsicht: Alles ist schon da. Wir müssen nur die Panzerung unserer Aufmerksamkeit lösen. Dafür braucht es keinen Glauben, keine Esoterik, nur sieben Minuten pro Tag und den Mut, das Zittern zu empfangen.

Das ist mein unaufgeregter Weg. Nicht besser. Nicht wahrer. Einfach barfuß.